Der Japaner Leo Tadagawa gehört zu den besten Maultrommelspielern weltweit und ist nicht nur in Asien ein wichtiger Botschafter, Forscher und Innovator für das Instrument. Leo Tadagawa entwickelte die neue schlittenförmige Maultrommel "Leo's Sledge", er ist regelmäßig als Musiker an CD-Einspielungen beteiligt, sammelt alte Maultrommeln und publiziert Texte über die Geschichte der Instrumente in Japan, wo die Maultrommel "koukin" (alternative, gebräuchliche Transkription: kohkin) oder "biyabon" genannt wird. Helen Hahmann traf ihn auf dem Ancient Trance Festival 2014 in Taucha und sprach mit ihm über seine ganz persönliche Annäherung an die Maultrommel.
Wie hat die Maultrommel Dein Interesse geweckt?
"Ich hab mich schon immer für Musikinstrumente interessiert. Ein Jahr lang lebte ich in Afrika, um dort Mbira zu lernen. Aber ich habe festgestellt, dass Afrika einfach zu weit weg ist für mich. Irgendwann in dieser Zeit habe ich die Maultrommel bemerkt. Das Instrument gibt es ja nicht nur in Europa, man findet es in vielen Teilen der Welt, und eben auch in Asien. In Japan bin ich dann auf die Jagd gegangen und habe jede Maultrommel aufgetrieben, die ich haben konnte. Nun spiele ich bereits seit 25 Jahren."
Gab es einen speziellen Impuls, der bei Dir die Lust ausgelöst hat, die Maultrommel selbst zu spielen?
"In der Uni habe ich in einer Jazz-Band Klavier gespielt. Wir sind mit der Band auch in den Norden Japans gereist und haben dort Leute von den Ainu getroffen, die Mukkuri (Bambusmaultrommel), spielen. Ich dachte damals, das ist also eines dieser interessanten Musikinstrumente, die hier gespielt werden. Einige Jahre später reiste ich nach Bali und dort habe ich einen ganz ähnlichen Maultrommel-Typ gefunden. Auf der einen Seite sind die Genggong aus Bali den Instrumenten in Japan ganz ähnlich. Aber auf der anderen Seite handelt es sich um ein anderes Material und auch die Spielweise und die Musik sind ganz anders. 'Wie kann das sein?', das habe ich mich gefragt und in Büchern habe ich dazu nicht viel gefunden. Da stand nur, die Maultrommel sei ein Spielzeug. Aber das stimmt nicht, Maultrommeln existieren bereits seit Jahrhunderten in den Nischen fast jeder Kultur."
#Welche Einflüsse haben Deine Art die Maultrommel zu spielen geprägt?
"Wir haben auf dem Festland in Japan unsere eigene Art des Maultrommel Spielens verloren. Nur die Ainu auf Hokkaido haben ihre Traditionen bewahren können. Dabei war das Maultrommel Spielen etwa 200 Jahre früher mal sehr populär in Japan. Ich fand es reizvoll sich Gedanken darüber zu machen, wie dieser alte, japanische Stil die Maultrommel zu spielen geklungen haben könnte. Denn leider gibt es ja keine Tonaufnahmen aus dieser Zeit. Von diesem Punkt aus bin ich weiter gegangen. Ich habe mir auch die Maultrommelmusik von China, Taiwan und den Philippinen angehört. Ich versuche also herauszufinden, wie gespielt wurde, aber natürlich spiele ich eigentlich nur wie ich das will."
Was ist denn für Dich persönlich das Besondere am Maultrommel spielen?
"Zu Beginn war das Spielen für mich recht schwer. Denn ich war sehr fixiert auf Melodien, Harmonien und einzelne Töne, die man in einem bestimmten Rhythmus spielt. Die Maultrommel ist für diese Art von Musik bekanntermaßen gar nicht so gut ausgestattet. Aber dann habe ich den jakutischen Stil kennengelernt. In Jakutien steht nicht die Melodie im Vordergrund, auch kein strikter Rhythmus und keine Harmonie. Es geht nur um die Klangfarbe, wie kann ich die Klangfarbe des Instruments verändern? Ich merkte, genau das ist es, was ich will. Und so habe ich zu meinem persönlichen Stil gefunden."
Hast Du eine Maultrommel, die Du am Liebsten spielst?
"Am Liebsten spiele ich auf einer Maultrommel aus Jakutien, angefertigt vom Schmied Gogolev. Außerdem finde ich die Instrumente aus Südwest China sehr spannend. Sie sehen aus wie kleine Fächer. Maultrommeln werden in China vor allem von den Minderheiten gespielt, z.B. von den Naxi. In China ist der Begriff Kou Xian für Maultrommel gebräuchlich. Ich spiele sie z.B. so:"
Leo Tadagawa improvisiert auf einer Kou Xian.