Moorsing, Morchang und Gogona: Die Maultrommelkunst Indiens

DAN MOI Clemens Voigt & Sven Otto GbR
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Asien ist ein Kontinent mit einer außerordentlichen Vielfalt an Maultrommeln. Verhältnismäßig wenig weiß man in Europa über den Gebrauch der Maultrommel in Südasien, wie in Pakistan, Nepal und Indien. Aber auch dort kann man eine lebendige Kultur des Maultrommelspielens entdecken. Nicht zuletzt dank dem Musiker Neptune Chapotin. Ein Podium für Maultrommel-Musik aus Indien ist das World Mouth Harp Festival in Goa, das von Neptune Chapotin 2013 das erste Mal organisiert wurde. Auf dem Festival waren in den letzten Jahren Musiker aus dem südindischen Bangalore, sowie aus den nördlich gelegenen Provinzen Rajasthan und Gujarat zu Gast.

Screenshot World Mouth Harp Festival of India

In Bangalore, im Süden Indiens, gibt es eine lebendige Szene mit vielen Moorsing-Spielern. Die Moorsing (manchmal auch geschrieben: Morsing, Mursing oder Moursing) wird in Bangalore nicht nur solistisch, sondern auch in Ensembles gespielt. „Die Moorsing ist in der karnatischen Musik Südindiens ein Percussion-Instrument. Es ist das fünfte Instrument in der Instrumenten-Hierarchie der karnatischen Musik. In diesem Zusammenhang ist es interessant festzustellen, dass man nur sehr selten sieht bzw. hört, dass die Moorsing auch gespielt wird, obwohl sie eines der Hauptinstrumente der klassischen südindischen Musik ist“, sagt Neptune Chapotin.

Bharadwaj Sathavalli - Melo Lamella - Morsing Album

Der Moorsing-Virtuose Bharadwaj Sathavalli gehört zu den bekanntesten Instrumentalisten aus Südindien, 2003 erschien ein Album von ihm in Europa bei Dan Moi Productions unter dem Titel „Melo Lamella“.

Neptune Chapotin verkauft an einem Marktstand in Goa Woche für Woche Maultrommeln aus der ganzen Welt. Wenn er von dieser Tätigkeit erzählt, gewinnt man den Eindruck er begreife das Kaufen und Verkaufen von Maultrommeln mehr als eine Art Botschafteraufgabe, denn als "Business": "Ich verbringe die ganze Nacht damit, Leuten beizubringen, wie man Maultrommel spielt. Allen, die an meinen Stand kommen und fragen, ,was ist das?‘, demonstriere ich das Instrument kurz, und wenn ich ihr Interesse wecke, dann frage ich sie, ob sie es selbst einmal ausprobieren möchten. Häufig sagen die Leute dann, ,ach nein, ich bin total unmusikalisch, ich kann das nicht.‘. Dann sage ich, ,in 30 Sekunden zeige ich dir es. Die Herausforderung liegt ganz bei mir.‘ Mein Angebot ist, ,Du probierst es aus, lernst wie man spielt und kannst danach einfach gehen, Du musst kein Instrument kaufen.‘ Und wenn sie dann wirklich die Basics gelernt haben, sage ich, ,nimm jede der Maultrommeln hier auf dem Tisch und probiere sie aus, jetzt wo Du weißt, wie man spielt. Ich zeige Dir die verschiedenen Techniken und Maultrommeln, die die man an den Zähnen spielt und jene die an den Lippen gespielt werden und ich zeige Dir, wie man sie hält. Aber die Hauptsache ist, genieß das Spielen. Viele Leute kaufen dann keine Maultrommel an meinem Stand, aber vielleicht finden sie eine an einem anderen Ort der Welt.“ Chapotin ist selbst ein ausgezeichneter Maultrommelspieler, der seine ganz individuelle Technik entwickelt hat: ein Mix aus verschiedensten Maultrommel-Stilen, darunter Jakutien, Norwegen, Vietnam, Pakistan und Indien:

In der nordindischen Region Assam wird Gogona gespielt, eine Bambusmaultrommel. Es gibt zwei Arten von Gogonas, eine ist kürzer und dicker, die andere länger und dünner. Eine der beiden ist die männliche Gogona, die andere ist das weibliche Instrument. Die Gogona wird in der traditionellen Musik gespielt, aber auch während der traditionellen Tänze, tragen die Frauen ihre Gogonas im Haar wie eine Haarnadel. Die Männer stecken sich die Instrumente beim Tanz an ihr Kostüm. Während des Tanzes nehmen die Frauen ihre Gogonas aus dem Haar und spielen auf den Instrumenten, während sie gleichzeitig tanzen.

In der Hindustani-Musik, der klassischen nordindischen Musik, wird keine Maultrommel gespielt. In Rajasthan und Gujarat ist die Maultrommel ein Folk-Musikinstrument. Dort heißt sie Morchang. Die fahrenden Musiker von Rajasthan spielen Morchang. Auch die Kutch-Nomaden spielen auf der Morchang, z.B. während sie die Schafe hüten, um sich die Zeit zu vertreiben. Eine Auswahl von Maultrommelmusik aus Rajasthan wurde in der Reihe "Le Chant du Monde" bei Harmonia Mundi 1984 auf Schallplatte veröffentlicht. Dank dem Archiv des CREM (Centre de Recherche en Ethnomusicologie) in Paris, können diese Aufnahmen online nachgehört werden.


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