"Tran Quang Hai, woher kommt eigentlich das Wort Dan Moi?"

DAN MOI Clemens Voigt & Sven Otto GbR
2014-10-09 00:00:00

Tran Quang Hai spielt Dan Moi Maultrommel auf dem Ancient Trance Festival 2014Im Laufe der Jahre nahmen einige Tausende Menschen an den Workshops und Präsentationen mit dem Obertonspezialisten Tran Quang Hai teil. Tran Quang Hai engagiert sich seit über 45 Jahren dafür, die Techniken des Obertongesangs, des Maultrommel- und Löffelspielens in der ganzen Welt bekannt zu machen. Vor allem als Lehrer und Musiker ist der heute 70-jährige Musikethnologe aus Paris bekannt geworden. Geboren wurde Tran Quang Hai in Südvietnam, studierte dann am Konservatorium in Ho-Chi-Minh-Stadt, bevor er 1961 zum Studium der Musikwissenschaft nach Paris übersiedelte.

"Die Maultrommel habe ich nicht in Vietnam, sondern in Frankreich kennengelernt. Das war im Jahr 1960. Das Maultrommelspielen habe ich von John Wright gelernt. Erst sechs Jahre später hielt ich meine erste vietnamesische Dan Moi in der Hand. Ich habe sie geschenkt bekommen und wusste erst mal gar nicht so genau, was ich damit anstellen sollte. Ich habe das Instrument Schritt für Schritt kennengelernt." Als Wissenschaftler am National Center for Scientific Research in Paris (CNRS) stieß Tran Quang Hai auf die Maultrommelsammlung des Musée de l'Homme. Die Sammlung umfasste schon damals über 300 verschiedene Maultrommel-Exemplare aus der ganzen Welt. Darunter war auch die Dan Moi aus Nordvietnam. Anhand von Tonaufnahmen lernte Tran Quang Hai die Maultrommel immer besser kennen, lernte Lieder und ahmte Techniken nach, bis er schließlich begann auch eigene Stücke für Maultrommel zu komponieren. Über 20 Werke für Maultrommel stammen aus seiner Feder.

Die Maultrommel suchte Tran Quang Hai dann auch in seinem Geburtsland Vietnam. Besonders verbreitet sei das Instrument in den 1960er Jahren nicht gewesen, lediglich in Nordvietnam bei den Hmong wurde sie gespielt. Die Hmong spielen auf der rab ncas, so der lokale Name für Maultrommel, in erster Linie Melodien. Rab ncas, sagt Tran Quang Hai, sei ein ziemlich kompliziertes Wort aus der Sprache der Hmong. Als er sich auf die Suche nach der vietnamesischen Maultrommel begab, sei ihm sofort klar gewesen, dass es einen Begriff brauchte, der auch außerhalb Vietnams leicht auszusprechen war. Er gab der Maultrommel deshalb kurzerhand die heute populäre Bezeichnung "Đàn môi". "Dan bedeutet Instrument und Moi bedeutet Lippen, also das Instrument, das man gegen die Lippen presst. Der Begriff dan moi stammt also von mir", stellt Tran Quang Hai nicht ohne Stolz fest.

Tran Quang Hai ergänzte seinen eigenen Maultrommel-Stil vor allem um rhythmische Pattern. Das sei für ein westliches Publikum, für das er nun einmal am häufigsten auftrat, einfach attraktiver zum Zuhören gewesen. "Wenn ich die Maultrommel spiele, dann schlüpfe ich schnell in die Rolle eines Forschers. Die traditionellen Techniken reichen mir nicht. Ich höre anderen Maultrommelspieler_innen zu und übernehme einige Elemente in mein eigenes Spiel, z.B. von der Génggong aus Bali, der Karinding aus Java, der Kubing von den Philippinen oder der Morchang aus Indien." Vor diesem Hintergrund versteht sich Tran Quang Hai vor allem auch als kreativer Entwickler von neuen Ansätzen und Techniken des Maultrommelspielens. Typischerweise benutzt er zum Spielen schneller, rhythmischer Passagen den Daumen, um die Zunge der Maultrommel anzuzupfen. Das erlaubt ihm einen ganz individuellen Klang zu produzieren, der einem Fingerabdruck nahekommt und mit unterschiedlichsten Musikstilen kombiniert werden kann. Tran Quang Hai spielt solistisch so überzeugend, dass seine "Beats" sogar einem Hip Hopper erlauben danach zu tanzen.

Es sei ein Zeichen der Freundschaft, wenn man seinem Gegenüber eine Maultrommel reichen kann. Tran Quang Hai schätzt das kleine Instrument, weil es ihn auf jedem Weg in der Hosentasche oder im Rucksack begleiten kann. Er holt es zu allen möglichen Gelegenheiten aus der Tasche und spielt es für Leute, die ihn darum bitten. Eine Herausforderung, aber auch eine große Freude sei es, wenn Tran Quang Hai das Instrument für andere Maultrommelspieler_innen zum Klingen bringen kann. "Sie sind es, die jede Nuance beim Spielen hören und gierig danach sind neue Bewegungen oder Klangeffekte selbst auszuprobieren. Sie hören wahrscheinlich so aufmerksam zu, wie sonst nur wenige Menschen", schwärmt Tran Quang Hai. Gelegenheit, um vor Expert_innen zu spielen, gibt es regelmäßig beim Kongress der International Jew´s Harp Society (IJHS). Als Mitglied der IJHS bereichert er die regelmäßigen Treffen mit Workshops, eigenen Performances und durch seine inhaltlichen Beiträge als Musikethnologe und Spezialist für Obertoninstrumente.

Tran Quang Hai ist im Internet auf vielen Seiten zu finden, hier sind seine eigenen Websites, auf denen er auf Englisch, Französisch und Vietnamesisch schreibt und regelmäßig spannende Video veröffentlicht:


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