Neptune Chapotin wurde in Indien geboren, lebte 15 Jahre in den USA und kehrte dann zurück nach Indien, Goa, wo er bis heute die meiste Zeit des Jahres lebt. Er gilt mittlerweile als guter Kenner der Maultrommel-Landschaft in Indien, Nepal und Pakistan. Die Leute in Arambol, Goa, kennen Neptune Chapotin als den Mann mit dem Maultrommel-Stand, der auf dem wöchentlichen Markt bis in die Morgenstunden Passanten, darunter vielen Touristen zeigt, wie dem kleinen Instrument aus Metall Töne zu entlocken sind. Viele Leute bleiben an dem Stand stehen, manche verweilen Stunden lang und spielen sich durch die Sammlung aus Maultrommeln aus der ganzen Welt. Das, was Neptune den Leuten anbietet, ist vor allem deshalb überzeugend, weil der 30-Jährige ein Leben mit der Maultrommel lebt.
Wie Neptun Chapotin der Maultrommel verfiel
Die erste Maultrommel gelangte im Alter von 12 Jahren in Neptunes Hände. Seine Mutter hatte das Instrument von einer Reise nach Afghanistan im Jahr 1969 mitgebracht. Er versuchte zu spielen, legte das Instrument aber bald wieder zur Seite. Als für Neptunes Familie der Umzug nach Indien anstand, blieb die Maultrommel zurück. 2002 dann, in Schweden, begegnete ihm wieder eine Maultrommel, diesmal unscheinbar und eher als Nebensache in einem Touristengeschäft. Ein kurzes Zögern, doch auch diesmal nahm er die Maultrommel nicht mit. Trotzdem grub sich das Instrument immer tief in das Gedächtnis Chapotins ein, der inzwischen den verpassten Chancen nachhing und unbedingt eine Maultrommel erstehen wollte. Als schließlich die dritte Gelegenheit kam und in einem Musikgeschäft in Südindien mehrere Mursing zum Verkauf angeboten wurden, griff Chapotin zu. In den folgenden Monaten widmete er sich intensiv dem Instrument, suchte nach neuen Klängen und trainierte Schnelligkeit und Präzision beim Anschlag. Als Maultrommelspieler klingt er heute einmalig - seine persönliche Spieltechnik kombiniert autodidaktische Elemente mit Stilistiken aus verschiedensten Maultrommel-Schulen, darunter Jakutien, Norwegen, Vietnam, Pakistan und Indien.
Neptunes kleiner Maultrommelstand in Goa
Die Faszination, die die Maultrommel auf Neptune Chapotin ausübt, teilt er seit 2009 am Verkaufsstand in Goa einmal wöchentlich mit immer neuen Interessierten. Manche Menschen kehren nach Monaten oder gar Jahren an den Stand zurück, sagt Chapotin. "Sie gestehen mir, dass sie das Instrument einfach nicht haben vergessen können, nachdem sie es an meinem Stand gespielt haben." Was auf dem Stofftuch seines Maultrommel-Standes ausgebreitet liegt, weiß Chapotin genau.
Die Reise um die Welt, um Maultrommel-Hersteller kennenzulernen
Bei jeder Gelegenheit reist er selbst um die Welt, um Maultrommelspieler_innen und Schmied_innen zu treffen. Er ist überzeugt, dass jede Maultrommel ihre eigene Seele, ihren eigenen Charakter hat. "Jeder Instrumentenbauer hat seine persönliche Geschichte mit dem Instrument. Manche haben es von einer Generation zur nächsten Generation übernommen, manche haben sich das Anfertigen von Maultrommeln einfach selbst beigebracht. Es gibt also eine große Vielfalt an Techniken und Handgriffen durch die eine Maultrommel entstehen kann." Chapotin schaut den Schmied_innen über die Schulter, fertigt eigene Instrumente an und lernt so auch Melodien verschiedener Maultrommel-Stile und -Kulturen.
Das Mouth Harp Festival of India
Für die aktive Maultrommelszene in Südasien ist Neptune zum Netzwerkpunkt geworden. Er habe es lange als ein Manko empfunden, dass es in Indien, in dieser reichen Kultur an Maultrommel-Musik, kein eigenständiges Podium für Musik mit der Maultrommel gegeben habe - Wo treffen sich Maultrommelspielende? "Es ist ein seltsames Phänomen, normalerweise tragen alle Maultrommelspieler in ihrer Hosentasche eine Maultrommel mit sich herum, sie lieben es zu spielen. Aber sie wissen nicht, wer noch spielt. Denn man erkennt einen Maultrommelspieler nicht, bis er sein Instrument aus der Tasche zieht und spielt." Ein Festival, sagt Neptune Chapotin, ist ein fantastischer Ort, um andere Musiker_innen, die auch Maultrommel spielen zu treffen und zusammenzuspielen. Das World Mouth Harp Festival of India, das Ende Januar 2015 zum dritten Mal stattfand, ist genau aus diesem Grund entstanden. Jedes Jahr kommen internationale Gäste, aber auch immer mehr Mursing Spieler zum Festival nach Arambol – ein Zeichen dafür, dass möglicherweise auch in Indien ein Revival der Maultrommel-Musik eingesetzt hat.